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Motorpsycho: The Tower (Review)
Artist: | Motorpsycho |
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Album: | The Tower |
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Medium: | Do-CD/Do-LP | |
Stil: | Indie-alternativer und klassischer Progressive Rock |
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Label: | Stickman Records | |
Spieldauer: | 84:48 | |
Erschienen: | 09.09.2017 | |
Website: | [Link] |
In langsam, aber sicher gewohnter Regelmäßigkeit melden sich MOTORPSYCHO mit ihrem nächsten Album, dem mittlerweile insgesamt 18. Studio-Album, auf der Bühne der indie-alternativen, progressiven und immer sehr komplexen Rockmusik zurück. Und wenn jemand denkt, das norwegische Trio würde sich langsam in biederen Wiederholungen oder dem Alter geschuldeter Behäbigkeit ausruhen, dann kann er sich bei „The Tower“ auf mehr als eine handfeste Überraschung gefasst machen. Und das liegt nicht nur daran, dass „The Tower“ gleich ein Doppel-Album geworden ist, das wunderschön gestaltet wurde, aber leider kein Booklet enthält, genauso wenig wie die Texte.
Ein echtes Versäumnis!
Knapp ein Jahr nach „Here Be Monsters“ setzt „The Tower“ nicht etwa dort an, wo sich die Monstranz verabschiedete – nämlich bei den größtenteils leiseren, melancholischeren Tönen und einem Konzept zu den Abgründen der menschlichen Existenz -, sondern viel stärker im härteren Prog- und symphonischen Klassik-Bereich sowie beim menschlichen Größenwahn. Eine großartige Mischung, welche den Norwegern hier mal wieder gelingt und die darauf basiert, dass BENT SAETHER in dem Jahr während der Aufnahmen zu „The Tower“ größtenteils Klassik in Kombination mit VAN DER GRAAF GENERATOR hörte, womit schon einmal klar wäre, warum ein Titel der vorwiegend als Longtracks daherkommenden Stücke „Bartok Of The Universe“ heißt.
Ein noch härter Schnitt aber war die Trennung vom langjährigen Schlagzeuger KENNETH KAPSTAD, der sich ab sofort seinen anderen Musikprojekten, wie beispielsweise SPIDERGAWD, verstärkt zuwendet. An seine Stelle tritt mit TOMAS JÄRMYR ein absolut gleichwertiger Ersatz, was eigentlich schwer vorstellbar war.
Järmyr kommt aus dem experimentellen Jazz sowie Post Rock und beherrscht die komplexesten Schlagzeug-Variationen. Auch uns begeisterte der Drummer bereits mit YODOK III oder ZU. Und diese (druckvolle) Veränderung hinter den Fellen ist auf „The Tower“ unüberhörbar, wobei ein Stück wie „In Every Dream Home (There‘s A Dream Of Something Else)“ bestes Beispiel ist.
Das Doppelalbum zeichnet sich mal wieder, wie bei MOTORPSYCHO gewohnt, durch schieren Ideen- und Abwechslungsreichtum aus, wobei einige Brüche manchmal etwas sehr radikal ausfallen, wenn auf CD 2 akustischer Folk im STRAWBS-Stil eröffnet und in dem folgenden 15minutigen Longtrack tatsächlich eine akustische Ballade regelrecht breitgewalzt und etwas auf Gleichförmigkeit gesetzt wird, die mit kurzem YES-Satzgesang endet, um dann mit „The Cuckoo“ wieder ordentlich loszurocken, bis wir mit dem bombastischen YES-We-Can-„Narrenschiff“ eine symphonische Viertelstunde lang dem Album-Ende entgegensegeln.
Auch dass sich das Titelstück, welches das Doppel-Album eröffnet, einige Erinnerungen an KING CRIMSONs „The Peacock‘s Tale“ von „Lizard“ weckt, inklusive dem versteckten Bolero-Rhythmus, scheint volle Absicht zu sein. Denn gerade diese Kombination von härterem Prog und vielen klassischen Elementen war besonders für das 70er-“Lizard“-Album von KING CRIMSON prägend – und ist es zugleich für MOTORPSYCHOs „The Tower“. Mit „Intrepid Explorer“ lauert dann auch ein schwer psychedelisches, zehnminutiges, postrockig steigerndes Monster hinter den Turmmauern auf uns, das im ruhigen Mellotron- und Akustik-Gitarren-„Sternenstaub“ sowie verträumten Gesangsharmonien verschwindet, bis uns „In Every Dream Home (There‘s A Dream Of Something Else)“ hart rockend noch einmal aufrüttelt.
Alle Songs auf „The Tower“ entstanden während der Ami-Präsidentenwahl und drücken vordergründig das Entsetzen der Band darüber aus. Was lag da näher, den „Turmbau zu Babel“ zu thematisieren, bei dem ein paar religiöse Deppen glauben, sie könnten einen Turm bis zu Gott bauen, um am Ende gehörig auf der Fresse zu landen. Gleiches gilt wohl uneingeschränkt auch für Mr. President Trump.
Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch das anschauliche Cover mit dem Turmbau zu Babel von Hakon Gullvag, einem der bekanntesten Maler Trondheims, das offensichtlichen von der Inspiration her sich überdeutlich an HIERONYMUS BOSCH orientiert.
Gut gemacht oder nur gut geklaut?
Man könnte sich darüber streiten.
Worüber man sich aber im Rahmen eines FAZITs sicher nicht streiten kann, ist, dass MOTORPSYCHO auch mit „The Tower“ ein weiteres Studio-Album gelungen ist, das der norwegischen Band, diesmal mit neuem Schlagzeuger, wieder voll und ganz zur progressiven Ehre gereicht!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- CD 1 (43:27):
- The Tower (including The Wishboner)
- Bartok Of The Universe
- A.S.F.E.
- Intrepid Explorer
- Stardust
- In Every Dream Home (There‘s A Dream Of Something Else)
- CD 2 (41:21):
- The Maypole (including Malibu And Stunt Road)
- A Pacific Sonata
- The Cuckoo
- Ship Of Fools
- Bass - Bent Saether
- Gesang - Hans Magnus Ryan, Bent Saether, Tomas Järmyr, Alain Johannes
- Gitarre - Hans Magnus Ryan, Bent Saether, Alain Johannes
- Keys - Bent Saether, Hans Magnus Ryan
- Schlagzeug - Tomas Järmyr
- Sonstige - Aain Johannes (Flöte, Messenger Guitar, Cigar Box Guitar)
- Still Life With Eggplant (2013) - 9/15 Punkten
- Supersonic Scientists - A Young Person’s Guide To Motorpsycho (2015)
- Here Be Monsters (2016) - 14/15 Punkten
- The Tower (2017) - 13/15 Punkten
- The Crucible (2019) - 13/15 Punkten
- The All Is One (2020) - 13/15 Punkten
- Ancient Astronauts (2022) - 10/15 Punkten
- Yay! (2023) - 12/15 Punkten
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